China ist eine Weltmacht und in vielen Industrien ein ernstzunehmender Konkurrent. Zum Beispiel bei E-Autos oder Smartphones. Auch auf dem Spiele-Markt macht das Reich der Mitte ordentlich Druck. Damit sind nicht nur die Free-to-play-Onlinespiele von Tencent und NetEase gemeint, die man kostenlos spielen kann. Auch bei den "serious Games" können die Asiaten richtig was reißen. Deshalb hat Sony schon vor ein paar Jahren ein Inkubator-Projekt gestartet, bei dem unabhängige Entwickler gefördert werden. "Lost Soul Aside" ist eins von den China Hero Project Titeln und wir checken, wie gut das Fantasy-Actionspiel tatsächlich geworden ist.
Fanfic als Story
Also die Story beginnt schon mal – wie ein Final Fantasy Spiel, in dem Fall Teil 7, denn man schlüpft in die Rolle von Kaser, einem jungen Mann, der sich mit Hilfe der Rebellengruppe Glimmer gegen das böse Imperium wendet. Auch seine Schwester gehört dazu und ein paar Magier, im Spiel Begnadete genannt. Als die Truppe eine Aktion bei der jährlichen Parade ausführt, überstürzen sich jedoch die Ereignisse: Kaser stürzt in den Untergrund und fremdartige Wesen, die Voidrax, fallen über die Menschen her. In der Tiefe versucht Kaser sich nach oben zu kämpfen und befreit eher zufällig den uralten Drachen Lord Arena. Mit seiner Hilfe schafft er es an die Oberfläche, nur um überall schreckliche Verwüstung zu sehen. Es gipfelt dann damit, dass seine Schwester den Voidrax durch einen imperialen Magier geopfert wird. Doch sie ist nicht tot, nur ihre Seele wurde gefangen, also macht sich Kaser auf den Weg zum Schicksalsberg. Einem vergessenen Ort, an dem die Voidrax schon einmal besiegt und weggesperrt wurden.
Ihr seht schon, einfallslos und austauschbar trifft es ziemlich gut. Verschlimmert wird das Gefühl durch die dilettantischen Zwischensequenzen und Gespräche. Wer auch immer für die Dialoge zuständig war, sollte bitte in Zukunft jemand anderen ranlassen. Auch die Wendungen sind allesamt zum Kopfschütteln – ja, Lord Arena ist auch ein Voidrax, aber einer von der guten Sorte. Der Oberscherge Aramon ist dagegen noch viel böser als der Imperator Hochburg. Doch er kann – durch was auch immer – alle Helden beeinflussen, wodurch diese sich gegen Kaser wenden. Erst nach einer ordentlichen Tracht Prügel kommen sie wieder zu Sinnen. Jegliche Figuren im Spiel werden übertrieben eindimensional dargestellt und keiner der Protagonisten verdient auch nur annähernd so etwas wie Mitgefühl vom Spieler. Zudem kann Arena einfach nicht die Klappe halten und quasselt die ganze Zeit rum…
Beat my Boss
„Lost Soul Aside“ ist ein Actionspiel mit leichten RPG-Anleihen. Die Vielfalt des Spiels zeigt sich in den vier verschiedenen Waffen, den unterschiedlichen Tränken und Amuletten. Die Elixiere dienen der Auffüllung von Gesundheit und Ausdauer, während Schmuckstücke die Attribute des Kaisers verbessern. Die verfügbaren Waffen (Schwert, Großschwert, Stangenklinge und Sense) können individuell aufgewertet und mit neuen Manövern erweitert werden. Dazu setzt man die Seelenpunkte ein, die man von besiegten Voidrax automatisch sammelt. Ebenfalls lassen sich die Waffen mit zusätzlichen Talismanen in Kernfertigkeiten wie Brechen oder Kritischer Schaden aufmotzen – dazu stehen 10 Slots pro Waffe zur Verfügung. Zudem gibt es verschiedene Ausführungen, die auch noch spezifischen Elementarschaden verursachen. Hier kann man recht frei herumexperimentieren, wobei die Sense definitiv alle anderen Waffen überstrahlt – sprich zu stark ist. Ansonsten verlangen die vielen Kämpfe auch noch nach Blocken und Ausweichen – was wiederum Ausdauer frisst, genauso wie Spezialaktionen. Deshalb sollte man immer den Balken im Auge behalten. Und dann gibt es noch Lord Arenas Kräfte, von denen man bis zu drei permanent anlegen kann, sowie einen Verwandlungsmodus. Am Ende stellt sich aber heraus: Einen wirklichen Unterschied machen diese Kräfte nicht, eher im Gegenteil, die fallen viel zu schwach aus, vor allem da viele Gegner neben einer Barriere auch noch mehrere Lebensbalken besitzen. Kämpfe ziehen sich dadurch mitunter ganz schön in die Länge! Was ebenfalls stört, sind die vielen (und langen) Phasen, in denen man den Gegnern nur ausweichen muss, aber keinen Schaden anrichtet. Dazu gesellen sich noch eine unausgereifte Flugsequenz am Ende und nervige Surf-Sequenzen auf dem Schwert ist weder das eine noch das andere.
Das Leveldesign fällt zu 90% linear aus, nur selten gibt es auch ein paar offene Abschnitte. Somit rennt man durch die Landschaften, bewundert ab und an die (hübsche) Umgebung und verdrischt permanent irgendwelche Feinde. Zudem ziehen sich die einzelnen Abschnitte ziemlich in die Länge, dass gepaart mit den optisch monotonen, dafür aber ziemlich fordernden Alternativen Dimensionen nervt durchaus. Zumal Speicherunkte nicht immer optimal gesetzt sind. Abstürze oder Glitches kamen in meinem Spieldurchlauf keine vor, jedoch war die Spielbalance am Anfang wesentlich schlechter und unausgegoren, als beim Schreiben des Reviews. Die Entwickler haben in der Zwischenzeit mehrere Patches nachgeschoben, durch die viele Probleme behoben oder verbessert wurden. Trotzdem stellt sich die Frage, warum da nicht gleich noch ein paar Wochen am Spiel und den offensichtlichen Mängeln gefeilt wurde, anstatt es unfertig auf den Markt zu werfen.
So oder so richtet sich das Gameplay vor allem an Actionfreunde, die viel Spaß an Bosskämpfen haben, denn diese existieren in zahlreicher Form. Und damit meine ich, es sind viele, sehr viele. Ebenso fordern Herausforderungsarenen dazu auf, sich mit dem Kampfsystem im Detail zu beschäftigen. Schließlich muss man da diverse Gegner auf Zeit erledigen, wobei Kampfmodifikationen einen Einfluss haben. Nach dem Finale darf man immerhin einen zusätzlichen Boss Rush Modus (Ansturm der Bosse) ausprobieren und man kann in die jeweiligen Kapitel zurückkehren. Die Mini-Rätsel im Spiel sind dagegen nicht der Rede wert. Wenigstens hilft einem das Spiel, wenn man nicht weiterkommt, denn dann wird man mit verschiedenen Amuletten belohnt, welche für mehr Schaden sorgen bzw. diesen von Gegnern reduzieren. Leider war auch dieses Feature anfangs total verbuggt.
Unsauber und irgendwie unfertig
Der Titel läuft auf Basis der Unreal Engine und sieht zumindest im Profi-Performance-Modus der PS5 Pro ziemlich fabelhaft aus. Vor allem der IQ ist bei 60 fps ausgesprochen gut. Weniger schön sind hingegen fragwürdige Designentscheidungen wie das Ruckeln der Kamera beim Rennen, die harten Cuts zwischen Spiel- und Videosequenz, kurze Aussetzer beim Nachladen neuer Abschnitte, die lausigen Gesichtsanimationen, die vielen fehlenden Soundeffekte und die oftmals schlichtweg unpassende und austauschbare Musik. Dabei sind einige Bosse wirklich abwechslungsreich in Szene gesetzt, die Landschaften sind durchaus eine Augenweide und der phantasievolle Stil mit seinen Sci-Fi-Elementen weiß allgemein zu gefallen. Auch wenn der Spieler dabei in vielerlei Hinsicht an „Final Fantasy XV” erinnert wird. Die englische Sprachausgabe ist richtig schlecht und dilettantisch. Die Sprecher geben sich nicht einmal ein bisschen Mühe! Wem das stört, kann zumindest noch mit chinesischem Ton spielen. Die Soundabmischung selbst lässt ebenfalls zu wünschen übrig, denn die vielen Kämpfe kommen alles andere als wuchtig rüber.
FAZIT:
„Lost Soul Aside“ bietet ein paar gute Ansätze, wirkt aber in fast allen Bereichen unausgegoren und nicht zu Ende gedacht. Das Kampfsystem funktioniert gut und bietet mit den vier unterschiedlichen Waffen ausreichend Abwechslung und sorgt nebenbei für viele spektakuläre Kämpfe. Leider rangieren Arenas-Superkräfte eher „unter ferner liefen“, weswegen sich mancher Fight auch mächtig in die Länge zieht (Stichwort Flüssigmonster). Bei der Technik hat sich seit dem Launch zwar einiges getan, trotzdem fehlt immer noch viel Feinschliff. Die Story bleibt dagegen totaler Käse. Und so flimmert das Ende über den Bildschirm und man denkt sich: Nie im Leben wird „Lost Soul Aside“ einem Vollpreis AAA-Titel gerecht, wieso will Sony also knapp 70 Öcken dafür haben?
[ Review verfasst von .ram ]
[ Gespielt auf einer PS5 Pro mit 4K HDR TV ]
Pluspunkte:
Schnelles und spektakulär anzusehendes Kampfsystem
Ordentliche und optionale Tutorials für fast alles
Viele Boss-Kämpfe
Minuspunkte:
Wirklich sehr viele Boss-Kämpfe
Fehlender Feinschliff überall
Story ist absoluter Quark, also wirklich Müll
Achtung: Das Video zeigt das Ende vom Spiel - Musik wurde teilweise stummgeschalten, da sonst das Video gesperrt worden wäre.
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