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R.U.S.E.
19. Oktober 2010

Mit R.U.S.E. versuchen Eugen Systems (Act of War) eine eiserne Bastion des PC-Gamings, nämlich die Echtzeit-Strategie, auf die Konsolen zu bringen. Es gab einige Versuche von anderen, doch richtig geglückt ist keiner davon, denn das Genre ist alles andere als etabliert auf der PS3. Kann R.U.S.E. hier mit neuen Ideen punkten und das Genre auf den Konsolen einen Schritt voranbringen?

Hochmut und Verrat

Wir schlüpfen in die Rolle von General Sheridan, einem Heißsporn der amerikanischen Armee und begleiten seinen Aufstieg während des Zweiten Weltkriegs. Sein Gegenspieler ist der deutsche General von Richter, ein kalt kalkulierender Stratege, der dank eines Spions namens Prometheus immer bestens über die alliierten Befehle unterrichtet ist. Es beginnt eine Jagd nach der Identität von Prometheus, die Sheridan durch verschiedene Schauplätze und Schlachten des Zweiten Weltkriegs führt, darunter der Afrika-Feldzug, die Schlacht von Monte Cassino, die Schlacht um die Brücke von Arnheim und natürlich den D-Day. Leider greift RUSE bei den Charakteren größtenteils auf Klischees zurück, doch da sich die Story nie zu ernst nimmt, ist das noch zu verschmerzen, aber dennoch ärgerlich. Die Qualität der Videosequenzen zwischen den Missionen hingegen ist da schon besser, wenn man von dem einen oder anderen Detail mal absieht. Genretypisch werden die Deutschen natürlich nicht als sonderlich freundlich dargestellt, doch auch Sheridan ist kein Quell der Sympathie, was zum einen die Identifikation mit dem Charakter erschwert, zum anderen bin ich auch froh darüber, das die Alliierten nicht immer die strahlenden Ritter sind. Insgesamt bleiben die Charaktere zu blass. Leider bin ich in der Kampagne zum größten Teil mit den USA unterwegs, ab und zu kommen auch die Briten zum Zuge. Lediglich in zwei Missionen hat man die Wahl zwischen mehreren Kriegsparteien und deren Einheiten. Die aus 21 Missionen bestehende und 9-10 Stunden dauernde Kampagne ist wie ein großes Tutorial, das euch mit allen Aspekten den Spiels vertraut macht. Dank der gut entworfenen Missionen fühlt es sich glücklicherweise nicht so an und man fühlt sich nicht die ganze Zeit „an die Hand genommen“.

Mittendrin statt nur dabei

Das Hauptaugenmerk von R.U.S.E. liegt aber auf den einzelnen Schlachten und den namensgebenden Tricks (Ruse of War = Kriegslist). Die Karten sind fast immer sehr groß und teilweise dauert es mehrere Missionen, bis man eine komplett durchquert hat. Doch der Rest des Geländes ist dabei nicht leer, sondern auch dort wird gekämpft. Ich habe stets das Gefühl, Teil einer größeren Kampfgruppe zu sein und immer wird irgendwo geschossen oder es fliegen Bomber und Artilleriegranaten durch die Luft. Hier bin ich keine allmächtige Armee, die den Krieg im Alleingang gewinnt, sondern nur ein kleines Rad in der großen Kriegsmaschinerie. Dementsprechend stehen mir auch nicht in allen Missionen alle Gebäude, Einheiten und Listen zur Verfügung, sondern nur die, die storybedingt erklärbar sind. Der Basenbau wurde so einfach wie möglich gehalten: Es gibt einige Produktionsgebäude, ein Nachschubdepot und einige Bunker. Die Taktiererei fängt beim Gebäudebau schon an. Bis auf Bunker können sie nur an Straßen gebaut werden und sollten alle im gleichen Sektor liegen, damit ich meine gesamte Basis durch die Tarnnetz-List vor dem Feind verstecken kann. Zudem müssen die Straßen für meine LKWs frei sein, damit neues Geld in die Kriegskasse fließt. Es kann eine effektive Methode sein, nur die gegnerischen LKWs zu zerstören, das Nachschubdepot aber nicht, denn so verbrauchen sich die Ressourcen, ohne das mein Gegner etwas davon hat. Stehen alle Gebäude, geht es an die Einheiten. Jede Nation hat eine recht identische Auswahl an Einheitengattungen, die sich jedoch in Geschwindigkeit, Schaden, Panzerung, Kosten und Verfügbarkeit unterscheiden. Zum Arsenal zählen Infanterie, verschiedene Panzer, Flugzeuge, Artillerie, Luft- und Panzerabwehrgeschütze und spezielle Prototypen wie der deutsche Maus-Panzer oder der Düsenjet Me262, die zwar historische Vorbilder haben, aber nie oder nur selten ins Feld geführt wurden. Insgesamt stehen knapp 200 Einheiten zur Verfügung, die sich auf sechs Kriegsparteien verteilen.

Das Stein-Schere-Papier-Prinzip ist äußerst wichtig im Gefecht und kann nur bedingt durch Horden von Einheiten ausgehebelt werden. Der richtige Konter macht oft den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage aus. Einig im Wald versteckte Panzerabwehrgeschütze machen dank verheerender Überraschungsangriffe selbst aus einer alles niederwalzenden Panzerdivision Kleinholz. Doch bereits ein Aufklärungsfahrzeug reicht aus, um alles zunichte zu machen und die Geschütze zu enttarnen. Eine gute Aufklärung bewahrt mich nicht nur vor bösen Überraschungen in den Wäldern, sondern erhöht auch die effektive Reichweite meiner Artillerie und ermöglicht meinen Flugzeugen erst den Angriff, denn Blindfeuer ist nicht möglich. Das Gameplay ist erfrischend ruhig und nicht auf Rushing ausgelegt. StarCraft-Veteranen jenseits der 15 Befehle pro Minute werden sich zuerst langweilen, aber dafür müssen auch keine Bauordnungen auswendig gelernt werden. Bei R.U.S.E. geht es nicht um die Quantität der Befehle, sondern um deren Qualität. In den meisten Fällen reichen wenige Befehle aus, da so gut wie kein Micromanagement nötig ist. Daher werden Einheiten auch in Chip-Stapel automatisch gruppiert und es ist nur möglich, einzelne Einheitengattungen auszuwählen. Wer von seinen fünf Panzern zwei abziehen will, muss nahe heranzoomen, damit sie einzeln dargestellt werden. Das ist nur äußerst selten wirklich nötig, aber trotzdem ein bisschen unkomfortabel. R.U.S.E. spielt sich mehr wie Risiko und nicht wie Command & Conquer, was durch die Brettspieloptik der Karte und Chips nur noch unterstrichen wird. Die strategische Karte, die beim weiten Rauszoomen im eigenen Kommandobunker steht, während die Nachrichtenoffiziere im Hintergrund arbeiten, ist ein netter Touch, auch wenn man nicht so oft so viel Überblick braucht.

Von Holzpanzern und Blitzkrieg

Die Kriegslisten fungieren im Prinzip als Power Ups und gewähren zeitlich begrenzte Vorteile. Eine List wirkt aber nur in einem Sektor der Karte und pro Sektor dürfen nur zwei Stück gleichzeitig aktiv sein. Ich kann beispielsweise alle Einheiten eines Sektors aufdecken, die sonst nur als Pokerchip dargestellt werden. Je größer der Chip, desto schwerer die Einheit. Oder aber ich lasse meine eigenen Einheiten und Gebäude per Funkstille und Tarnnetz verschwinden. Ich kann auch die Truppen des Gegners verwirren, indem ich eine Scheinoffensive auf die eine Flanke starte und meine getarnten und durch die Blitzkrieg-List schneller fahrenden Truppen die andere Flanke angreife. Doch es dauert, bis ich eine neue List einsetzen darf und ich kann nur eine bestimmte Zahl von „Ruses“ gleichzeitig einsatzbereit halten. Auch hier ist Taktik gefragt, wenn man nicht im entscheidenden Moment auf dem Trockenen sitzen will. Da es keinen Kriegsnebel gibt und alle Gebäude und Einheiten zu jederzeit (außer in Wäldern) sichtbar sind, sind die Tricks vor allem im Mehrspielermodus wichtig, um der gegnerischen Luftwaffe und Artillerie kein Ziel zu bieten oder ihm keine Informationen über die Beschaffenheit meiner Basis zu liefern. Die Kriegslisten sind ein vielfältiges und vor allem funktionierendes Instrument, das eine neue Schicht ins Gameplay einbaut und völlig neue Möglichkeiten eröffnet, den Gegner in die Irre zu locken.

Maßgeschneiderter Krieg

Wer die Kampagne beendet hat und weitere Herausforderungen sucht, hat drei Möglichkeiten: Kämpfe, Operationen und Online: In Kämpfen darf alles eingestellt werden, was das Herz begehrt. Die Kriegszeit (1939, 42 oder 45), was die Einheitenauswahl einschränkt, die Dauer der Runde, die Anzahl der Teams und Computergegner und sogar ihr generelles Verhalten (Defensiv, Rush, Luftwaffe, etc). Die 21 Karten verschiedener Größe bieten für alle etwas. Eine weitere Karte lässt sich über Ubisofts UPlay-Service freischalten. Online ist identisch, nur ohne KI-Gegner, dafür aber mit in verschiedene Ligen aufgeteilter Rangliste. Und sobald die Lobby offen ist, merkt man, dass Echtzeit-Strategie immer noch PC-Domäne ist, denn überwältigend viel los ist dort nicht, aber es lang auf jeden Fall zum Spielen. Die Operationen funktionieren im Prinzip wie ein normales Level der Kampagne, nur sind sie viel schwerer. Mit einer sehr begrenzten Anzahl an Einheiten und verfügbaren Gebäuden muss man hier eine geradezu erdrückende und erbarmungslose Übermacht besiegen, was nur durch geschickte Planung zu schaffen ist. Insgesamt gibt es sechs Operationen, zwei davon können nur zu zweit kooperativ gespielt werden.

Gut mit Pad, Super mit Move

Der Knackpunkt der Echtzeit-Strategie auf der Konsole ist natürlich die Steuerung. Hier macht R.U.S.E. alles richtig. Auf dem Pad sind alle Kommandos übersichtlich angeordnet und zusätzlich blendet das Spiel zu jeder möglichen Aktion die Tasten unten rechts ein, so dass nie Verwirrung aufkommt. Besonders praktisch beim Befehligen von Einheiten ist die Anzeige ihrer jeweiligen Reichweite, was gerade für Hinterhalte sehr wichtig ist. Die Luftwaffe hingegen wird nur mit dem D-Pad gesteuert. Da die Flieger nach jeder Mission wieder auftanken müssen, entfällt lästiges und unübersichtliches Babysitten. Alle Bauoptionen und „Ruses“ wurden in logische Kategorien eingeteilt und in ein übersichtliches Menü gesteckt, welches nur per Knopfdruck erscheint und ansonsten nicht sichtbar ist. Sein ganzes Potential entfaltet R.U.S.E. aber erst mit einem Gespann aus PlayStation Move und Navigation-Controller. Nach der überraschend einfachen und kurzen Kalibrierung funktioniert der Move-Controller wie eine Maus, während der Navi für die Bewegung der Karte, die Menüarbeit und die Luftwaffe zuständig ist. Das alles funktioniert trotz der simplen Kalibrierung erstaunlich präzise und nach kurzer Eingewöhnungszeit will man R.U.S.E. gar nicht mehr anders spielen. Maus und Tastatur sind zwar immer noch schneller, aber Move ist schon nahe dran.

Risiko mit besserer Grafik

Grafisch setzt R.U.S.E. keine neuen Maßstäbe, doch die Optik ist dennoch gelungen und läuft immer flüssig. Die riesigen Karten basieren auf Satellitenbildern und erinnern an Google Earth mit ein wenig mehr Details hier und da; die Bodentexturen lassen aber bei genauerer Betrachtung noch Platz für Verbesserungen. Die Einheiten und Effekte werden detailliert dargestellt, dafür sind die Explosionen nicht wirklich gut. Der große Pluspunkt ist, dass das Spiel zu jeder Zeit, unabhängig von der Anzahl der Einheiten und der gewählten Zoomstufe absolut flüssig lauft. Lediglich beim zu schnellen Hereinzoomen treten ab und zu Pop Ups auf. Beim Sound gibt es nichts zu meckern. Vor allem die Geräusche der Panzer, Granatenschüsse, das charakteristische Heulen der StuKa-Jagdbomber und der Funkverkehr im Hauptquartier tragen maßgeblich zur Atmosphäre bei. Schade ist nur, dass die Lippenbewegungen in den Videosequenzen nicht an die deutsche Übersetzung angepasst wurden und daher nur auf Englisch synchron sind.

FAZIT:

Trotz klischeebehafteter Story und einigen Schnitzern bei Technik und Bedienbarkeit ist R.U.S.E. für mich das bisher beste Echtzeit-Strategie-Spiel auf der PS3. Anstatt nur zu kopieren, bringen die wichtigen Kriegstricks noch einen wichtigen neuen Aspekt ins Spiel. Der Umfang für Einzel- wie auch Mehrspieler stimmt und die Atmosphäre ebenfalls. Der Zweite Weltkrieg ist zwar nicht das frischeste Szenario, aber der Spielfluss reißt es glücklicherweise raus.

[ Review verfasst von Sanguinis ]

Pluspunkte:

  • Ansprechende Kampagne mit riesigen Karten
  • Viele Spiel-Modi mit ordentlich Umfang
  • Vorbildliche Move-Steuerung

Minuspunkte:

  • Pop Ups bei schnellen Zooms
  • Keine Wegpunkte, nur direkte Befehle
  • Klischee-Story in abgegriffenem Szenario


Infos zum Spiel
NameR.U.S.E.
SystemPlayStation 3
PublisherUbisoft
EntwicklerEugen Systems
GenreStrategie
USKab 12 Jahren
PEGI16+
Preis59,99 €
PlatinumNein
Release
 16.09.2010
 07.09.2010
 21.10.2010
Spielerzahl4
SpracheDeutsch
TexteDeutsch
MehrspielermodusJa
Online spielbarJa
Online FunktionenJa
HeadsetJa
720pJa
1080pNein
Sixaxis Tilt SupportNein
PlayStation MoveJa
Mehr...

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Screenshot Galerie
R.U.S.E.
Gameplay
7.5
Atmosphäre
8.0
Grafik
7.0
Sound
7.5
Spielspass
7.5
 

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